ausstellungen in der galerie 1997–1999
Bernard Frize, Ute Heuer, Franz John, Hannelore Landrock-Schumann, Finnbogi Pétursson, Ragna Róbertsdóttir, Rivka Rinn, Victor Sanovec, Sabine Schall, Eva Schlegel, Cédric Teisseire, Icke Winzer, Miro Zahra
paintings now! Part II
Galerie Schüppenhauer, Köln, 3. September bis 23. Oktober 1999
Das Ergebnis weiterer Recherchen darüber, wie Künstler im bewusstsein der Diskussionen über das "Ende der Malerei" heute dieses Medium reflektieren, ist jetzt im zweiten Teil der Ausstellungsreihe "paintings now!" zu sehen. Ging es im ersten Teil um reine Struktur, um scheinbare Malerei, wird in der zweiten Folge auch durchaus gemalt.
Die vielfältigen künstlerischen Ansätze einer Malerei als Grenzüberschreitung treten ins Bewusstsein, sobald man tiefer in die Materie einsteigt. Die Erkenntnis der veränderten Sehgewohnheiten in einer Mediengesellschaft führt bei vielen Künstlern zu ganz eigenen malerischen Positionen. Irritationen unserer subjektiven Wahrnehmung sind als Anregung zum Sehen und zur Öffnung des Denkens gewollt.
Max Cole, Steven Rand, Günther Selichar
paintings now! Part I
Galerie Schüppenhauer, Köln, 1. Juni bis 28. August 1999
Die vielen Diskussionen über das "Ende der Malerei" machten mich neugierig zu hinterfragen: Ist in der Zeit neuen Medien Malerei überhaupt noch möglich, und wenn ja, wie kann sie aussehen? Sind wirklich alle Bilder schon gemalt?
Angesichts einer Flut von Malerei, die beliebig erscheint und austauschbar ist, könnte man in dieser Ansicht verharren. Doch bei meiner kritischen Recherche bin ich zu dem Ergebnis gekommen, das die Versuche der Malerei sich selbst auszulöschen zu neuen, reflektierten Formen und Konstruktionen geführt haben.
Trotz der vielen Erscheinungsformen des Tafelbildes gibt es jedoch eine Gemeinsamkeit, welche die Malerei oder das Bild im allgemeinen spannend macht: Es ist die Transzendenz, die Spiritualität, das, was an den Schnittstellen der Wahrnehmung passiert.
Genau um diese Schnittstellen der Wahrnehmung geht es in der ersten Folge der Ausstellungsreihe.
Künstler machen Worte, Bilder, Objekte und anderes
wordVolume
Galerie Schüppenhauer, Köln, 16. April bis 29. Mai 1999
Seit geraumer Zeit steht die Idee im Raum, eine Fortsetzung der Ausstellung "WortLaut - Konzepte zwischen visueller Poesie und Fluxus" von 1989 zu kreieren. Heute, exakt 10 Jahre danach, ist genügend Zeit vergangen, Veränderungen wahrzunehmen und in einer zweiten Version von "WortLaut" mit anderen Künstlern einen kleinen Rück-, Über-, Ausblick zu geben - ohne den Anspruch auf Vollständigkeit.
Unsere Zeit ist durch die sich rasend schnell entwickelnden neuen Technologien geprägt. Der Computer steht heute für die Schreibmaschine der Konkreten Poeten; das in mühevoller Arbeit erstellte Typoscript kann heute fast jeder mit dem PC animieren; in der Werbung und im modernen Layout ist dieses Spiel mit den Buchstaben gang und gäbe. Wie benutzen Künstler heute das Wort und die Sprache? Wir haben bewusst auf Technologiefreaks mit dem Computer verzichtet und die ganz traditionelle "Handarbeit" ausgewählt. "Das Wort in der Kunst" ist Mittelpunkt unserer Betrachtung und das Erstaunliche bei der Vorbereitung war, dass die visuellen Poeten der frühen sechziger Jahre Nachfolger in der jungen Künstlergeneration gefunden haben und wie es scheint immer mehr finden.
Michael Gitlin / Aharon Gluska / Eugene Lemay
Neighbors
Galerie Schüppenhauer, Köln
19. Mai bis 3. Juli 2010
Michael Gitlin, schon seit 1989 Künstler der Galerie, stellte mir im Frühjahr beim Besuch seines Ateliers in New Jersey City seine beiden Nachbarn Aharon Gluska und Eugene Lemay vor, mit denen er sich seit einigen Jahren sein großes Atelierloft teilt. Die ungewöhnlichen und mit ganz unterschiedlichen Ansätzen entstandenen schwarz/weißen Papierarbeiten der „Neighbors“ hatten eine ganz besondere Anziehung. Als Michael Gitlin über seine geplante Ausstellung mit den beiden Künstlerkollegen in der Galerie Art Affairs in Amsterdam im März/April berichtete entstand im weiteren Gespräch die Idee für die Übernahme dieser spannenden Gegenüberstellung nach Köln.
Michael Gitlin *1943 in Kapstadt studierte in Jerusalem und New York, wo er seit 1970 lebt und arbeitet. Seit 1975 stellt er in zahlreichen Museen und Galerien weltweit aus, seine Werke sind in internationalen Museen und Sammlungen vertreten. 2007 erschien ein Katalog zur Einzelausstellung bei uns. Im Gegensatz zu seinen Atelierkollegen, die fast ausschließlich auf Papier arbeiten, entstehen Michael Gitlins Zeichnungen immer parallel zu seinen Skulpturen als eigenständige Werkgruppe. Die amorphen, meist zufällig wirkenden Formen der letzten Jahre erscheinen auf den ersten Blick als Gegensatz zu seinen konstruktiven Skulpturen und Zeichnungen der 70er und 80er Jahre, doch sind sie die kontinuierliche Weiterentwicklung seiner Idee der Gleichzeitigkeit von Leichtigkeit und Masse. Seine aktuellen Skulpturen aus Kupferrohr erscheinen pur belassen als dreidimensionale Wandzeichnungen und, wenn sie mit Vinyl, Stahlwolle oder Vlies überzogen sind, gaukeln sie schwebende Masse vor. Seine neuen Zeichnungen kann man im umgekehrten Sinn als „flache Skulpturen“ betrachten.
Aharon Gluska *1951 in Hadera/Israel, studierte in Paris und Israel, lebt und arbeitet in New York. 1983 begann seine Ausstellungstätigkeit in Museen und Galerien. Auf den ersten Blick präsentieren sich Aharon Gluskas teilweise riesige Papierarbeiten wie mit dem Computer bearbeitete verwischte Landschaftsfotos. Doch beim näheren Hinschauen entpuppen sich diese Werke als dreidimensionale Aquarelle mit allerlei undefinierbarem Material, wie Sand, Steine oder Pigmente. Die vermeintlichen Landschaften sind Strukturen, die sich durch seine Arbeitsweise mit einem großen Bürstenpinsel ergeben und die Pigmente sind Staub und Dreck aus seinem Atelier mit Wasser und Farbe vermischt. Das Ergebnis dieser sehr eigenen Technik sind faszinierende imaginäre Landschaften, die in manchen Titeln auf seine Wurzeln in Israel verweisen. Diese Arbeiten erwecken beim Betrachter Erinnerungen an seine eigenen (Seelen)Landschaftsbilder.
Eugene Lemay *1960 in Grand Rapids, Michigan, lebte mehr als 12 Jahre in Israel, wo er seine schulische und fotografische Ausbildung abschloss. Heute lebt und arbeitet er in New York. In seinen aktuellen Arbeiten beruft sich Eugene Lemay auf Wittgensteins sprachphilosophische Untersuchung, dass bestimmte philosophische Probleme nur dann gelöst werden können, wenn der Mensch fähig ist, die Natur der Sprache zu erfassen und zu verstehen. Lemay überschreibt seine Fotografien mit Zahlen und arabischen wie hebräischen Schriftzeichen zu abstrakten, kaum lesbaren Briefen. So schreibt er für seine Serie „Letters to the Bereaved Families“ fiktive Briefe an die Familien von in Konflikten getöteten Kameraden im Mittleren Osten oder irgendwo sonst auf der Welt, um damit die Ohnmacht der Sprache als Mittel der Verständigung widerzuspiegeln.
Ute Heuer
Phänomenologie der Farbe
Galerie Schüppenhauer, Köln
19. März bis 30. April 2010
In ihrem Werk erforscht Ute Heuer die Möglichkeiten der reinen Farbe in einem konzeptuellen Prozess, der mit dem gestalterischen Duktus der Malerei rein gar nichts mehr zu tun hat. Als Bildträger benutzt sie Leinwände auf Keilrahmen in unterschiedlichster Größe, wie bei einer traditionellen Malerei. Der dann folgende Arbeitsprozess - das Aneinanderreihen der Leinwände, das Auftragen und Verziehen der Farbe - erzielt ein Ergebnis, das eher mit einem filmischen Ablauf zu vergleichen ist, als mit Malerei. Das Nächste ergibt sich aus dem Vorhergegangenen, Farbe und Struktur werden hier fließend von Leinwand zu Leinwand übertragen, ohne den gestalterischen Eingriff der Künstlerin. Die Vermischung der Farben und die rhythmischen Strukturen entstehen rein zufällig durch den einzigen Pinselstrich.
Bei den ebenfalls ausgestellten, zusammengesetzten, mehrteiligen (Patch-)Arbeiten wird die Struktur des Pinselstrichs durch Drehen der einzelnen Bildtafeln variiert. Jedes der zusammen-gesetzten Werke erhält in der Gesamtkomposition durch die Variation des Pinselstrichs einen fast musikalischen, eigenen Rhythmus.
Die Assoziation zu einem filmischen Ablauf, die beim Betrachten dieser Bilder in den Sinn kommt, ist rein zufällig, genauso wie der optisch nachvollziehbare zeitliche Aspekt eines filmischen Prozesses. Auch wenn die Künstlerin diesen Rückschluss nicht wissentlich geplant hat, wird er doch schlüssig dadurch, dass Ute Heuer viele Jahre den Bereich Animationsfilm an der HBK Braunschweig unterrichtete. Parallel zu ihrem malerischen Werk entstanden in den letzten Jahren zahlreiche experimentelle Animationsfilme in Zusammenarbeit mit Gerhard Gockell. Am 21. April von 18-21 Uhr werden wir einige davon in der Galerie zeigen.
Ute Heuer, 1964 in Braunschweig geboren, studierte Freie Kunst an der Kunsthochschule Braunschweig und war nach dem Diplom 1988 dort Meisterschülerin. Sie erhielt 1988 das DAAD Auslandsstipendium in London, GB; 1990 den Kunstpreis der Orangerie, Darmstadt; 1991 das Barkenhof-Stipendium, Worpswede; 1992 das Arbeitsstipendium der Stiftung Ludwig, Schöppingen; 1992 den Filmförderpreis des 3. Verdener Kurzfilmfestivals für den Film „Busy Body“ (zus. Mit G. Gockell und S. Bürger); 1993 das Niedersächsische Nachwuchsstipendium; 1997 das Schloß Bleckede Stipendium; 1998 Niedersächsisches Jahresstipendium; 2006 Heitland Foundation Stipendium; 2007 den PWC Zukunftspreis für das Mobile Atelier. Seit 1998 ist sie Dozentin an der Bundesakademie Wolfenbüttel und seit 2000 hat sie einen Lehrauftrag für „Experimentelle Animation“ (Animationsfilm) an der HBK Braunschweig. Seit 1989 stellt sie in Museen, Kunstvereinen und Galerien aus. Ute Heuer lebt in Hannover.
Costantino Ciervo
Contiguous
Galerie Schüppenhauer, Köln
22. Januar bis 13. März 2010
Zum Auftakt im neuen Jahr zeigen wir erstmalig eine Einzelausstellung mit Costantino Ciervo. Seine Arbeiten waren bereits 2007 in der thematischen Ausstellung „Flowing Times“ in unserem damaligen Projektraum in der Bismarckstraße 70 zu sehen.
Der Intermedia-Künstler Costantino Ciervo reflektiert mit seinen zeit- und gesellschafts-kritischen Video-Werken und -Installationen die fortschreitende Globalisierung und Medialisierung der Welt sowie die Kapitalisierung in Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur mit feinsinnigem Humor. Die vielfältigen Paradoxien unserer Gesellschaft sind ein wichtiges Element im Werk des Künstlers. In einem Interview von Olaf Müller sagt er dazu: „Das Element der Paradoxie nimmt im allgemeinen eine wichtige Rolle in der Nachkriegskunst und auch in meiner Arbeit ein. Es ist der Treff- und Kollisionspunkt, an dem eine authentische Reflexion entstehen kann über die Existenz. Das Paradox ist ein Spiel zwischen Unsinn und Klarheit, eine Herausforderung zum Nachdenken.“
In unserer Ausstellung zeigen wir u.a. eine neue dreiteilige Video-Arbeit, die unterschiedliche Paradoxien zum Inhalt haben. „Tell Me the Truth“, drei Holzhäuser in denen sich drei ver-schiedene Video-Szenen abspielen: „Induced Sleep“ (schlafender Künstler), „Tell Me the Truth“ (Verhör) und „Disrobe“ (Möwen). Die Erwartungshaltung, dass die Kunst die Welt verbessert wird nicht erfüllt werden, der Künstler schläft; Die eine Wahrheit in einem rüden Verhör vom Künstler zu erfahren wird nicht gelingen, er ist nicht im Besitz dieser Wahrheit; Aggression und Regression, Angriff und Gegenangriff (symbolisiert durch die Möwen im Video), der Kampf zwischen denen, die eine Homogenität in der Kultur durchsetzen wollen und denen, die eine Vielfältigkeit mögen wird sich nicht beenden lassen.
In der Vier-Kanal-Videoinstallation „Contiguous“ (angrenzend), die der Ausstellung den Titel gab, zeigen Videos in fast geschlossenen Deckeln von Industrieeimern je einen voran-schreitenden Menschen von oben betrachtet, der trotz ständigen Fortschreitens in seiner äußerlichen Begrenzung auf der Stelle tritt - eine Aporie des Fortschritts, betrachtet als statische Entwicklung der Gesellschaft.
Der 1961 in Neapel geborene Künstler Costantino Ciervo studierte zunächst Ökonomie und Politik an der Universität für Wirtschaft und Handel in Neapel bevor er sich 1982 für die Kunst entschied und als freier Künstler lebte. 1984 ging er nach Berlin, wo er an der TU Philosophie und Kunstwissenschaft studierte. Seine Ausstellungstätigkeit begann er 1991, 1993 nahm er bereits an der XLV. Biennale in Venedig teil. Seither hatte er zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in internationalen Museen und Galerien. Ciervos Werke sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen weltweit vertreten
Alba D‘Urbano / Tina Bara
Bellissima
Galerie Schüppenhauer, Köln
6. November 2009 bis 16. Januar 2010
Mit „Siegerehrungen“ stellten Alba D’Urbano und Tina Bara 2003 ihr erstes gemeinsames Projekt in unserer Galerie vor. Unter dem Titel „Corporal Identity“ zeigten die beiden Künstlerinnen sowohl ihre eigenen Arbeiten als auch diese erste gemeinsame Arbeit. Die zahlreichen thematischen Überschneidungen, die sich bei der engen Zusammenarbeit an der Ausstellung herauskristallisierten, waren schließlich die Initialzündung für den künftigen Auftritt als Künstlerinnenduo.
Das individuelle Erscheinungsbild des menschlichen Körpers, „Corporal Identity“, ist das werkübergrei-fende Thema beider Künstlerinnen. Der kleine Worttransfer, abgeleitet von „Corporate Identity“, das für das unverwechselbare Erscheinungsbild eines Unternehmens oder einer Organisation steht, erlaubt den Verweis auf die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen, dessen Körper von sozialen und kulturellen Lebensbedingungen geprägt ist und Veränderungen unterliegt. Wie schon bei „Siegerehrungen“ – die Künstlerinnen porträtierten 2003 ehemalige Leistungs-Schwimmerinnen der 50er bis 70er Jahre in der DDR in gleicher Pose wie der bei den damaligen Siegerehrungen – finden sich die gleichen Bezugs-punkte auch bei dem neuen gemeinsamen Projekt „Bellissima“.
Als Grundlage für „Bellissima“ dient den beiden Künstlerinnen ein Film aus dem Jahr 1951 „Bellissima“ von Luchino Visconti, mit Anna Magnani als Mutter, die, um ihren gesellschaftlichen und sozialen Standard zu verbessern, ihre Tochter in einer Casting-Situation in der „Fabrik der Träume“, Cinecitta, für einen Film vorführt. Dieser Film sollte nie realisiert werden. In dem kritisch-ironischen Film untersuchte Visconti damals die Veränderungen, die die Verbreitung des Kinos mit seinen Mythen und Schönheits-idealen auf sozialer Ebene verursachten. Er visualisiert darin die Normen, die der Konstruktion der mediatisierten Schönheit zugrunde liegen, und wie diese schon im frühen Alter in der Bevölkerung verwurzelt werden.
Heute wird die Visualisierung von Schönheitsidealen innerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen Schichten hauptsächlich von den Medien wie Film, Fernsehen, Printmedien oder Werbung transportiert. Der mediatisierte, meist weibliche Körper generiert zur Standardisierung und zur Normierung der Verhal-tensformen, die auch an nächste Generationen weitergegeben werden. Der Bezug auf den Film von Visconti ermöglicht den Künstlerinnen, die Distanz zu dieser Zeit und die Veränderungen im Körper-verständnis oder Verhaltensmustern heute zu reflektieren. Die installative Arbeit „Bellissima“ beschreibt eine von den Künstlerinnen initiierte künstliche Set-Situation, in der – wie Anna Magnani im Visconti Film – Mütter ihre Töchter vorführen, sie Gedichte auftragen oder tanzen lassen. In Interviews beschreiben sie ihre Wünsche in Bezug auf die (künstlerische) Karriere ihrer Töchter. Auch dieser Film sollte nie realisiert werden. Gibt es auch hier die Hoffnung für eine bessere Zukunft der Kinder durch die Medien?
Alba D’Urbano, 1955 in Tivoli geboren, studierte Philosophie an der Universität La Sapienza, Rom und Malerei an der Accademia di Bella Arti. Sie war Meisterschülerin an der HdK Berlin mit Schwerpunkt Audiovisuelle Mittel. 1995 wurde sie als Professorin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig berufen. Seit 1984 zahlreiche Ausstellungen in Museen und Galerien.
Tina Bara, 1962 in Kleinmachnow geboren, studierte Geschichte an der Humboldt Universität Berlin, Fernstudium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. 1989 Ausreise aus der DDR nach West-Berlin. 1993 wurde sie Professorin für Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seit 1985 zahlreiche Ausstellungen in Museen und Galerien.
Mary Bauermeister
Aus meinem Skizzenbuch: „Ein Tag in New York - work in progress“
Galerie Schüppenhauer, Köln
2. September bis 31. Oktober 2009
Aus Anlass ihres 75. Geburtstages am 7. September widmen wir Mary Bauermeister eine ganz besondere Ausstellung, in der wir zum ersten Mal ihre Skizzenbücher aus den frühen Jahren der Öffentlichkeit präsentieren. Diese tagebuchartigen Texte und Skizzen von Bildideen spiegeln nicht nur ihr überragendes Potential sondern auch ihr bewegtes Leben wider. Aus dieser Fülle von Ideen konnten bei Weitem nicht alle realisiert werden, daher war es Mary Bauermeisters Wunsch, eine wachsende Ausstellung zu zeigen, in der sie während der Laufzeit Arbeiten aus den Skizzenbüchern fertigstellt und sie der Ausstellung in der Galerie hinzufügt. Mit der Finissage am 30. Oktober wird dieses work in progress seinen Abschluss finden.
Die Edition „Aus meinem Skizzenbuch“, bezieht sich auf Werke aus dem Skizzenbuch, die während der Ausstellung realisiert werden. Jedes der zwölf Exemplare ist ein Original, ein dreidimensionaler Linsenkasten, individuell von der Künstlerin bearbeitet.
Mary Bauermeisters überbordende Neugier, Kreativität und Spontanität trieb sie schon in jungen Jahren dazu, außergewöhnliche Dinge zu tun. In nur zwei Jahren, von 1960–61, schaffte sie es mit inzwischen legendären Konzerten, Lesungen und Ausstellungen ihr Atelier in der Lintgasse 28 weit über Köln hinaus bekannt zu machen. Das Atelier war Dreh- und Angelpunkt für gleichgesinnte junge Kreative aller Sparten aus der ganzen Welt, darunter Nam June Paik, Benjamin Patterson, John Cage u.v.a., die, angelockt von Stockhausens Studio für elektronische Musik im WDR und den Konzerten für neue Musik, nach Köln kamen. Nach den Konzerten im WDR traf man sich in Marys Atelier, um dort Neues in der Kunst, Musik und Literatur auszuprobieren, das alle bisherigen Grenzen überschreiten sollte. Köln wurde zum Zentrum der musikalischen, künstlerischen und literarischen Avantgarde.
Der Kontakt zur Musik war für Mary Bauermeister seit jeher von großer Bedeutung. Um sich weiterzubilden, belegte sie 1961 einen Kompositionskurs bei Stockhausen in Darmstadt, wo ihre „Malerische Konzeption“ entstand. Aus dieser ersten Zusammenarbeit entwickelte sich eine tiefe Beziehung, die beide Persönlichkeiten stark beeinflusste. In Stockhausens „Originale“, die im Oktober 1961 im Theater am Dom uraufgeführt wurde, war bereits Marys frischer künstlerischer Ansatz spürbar. Ende 1961 zog sich Mary Bauermeister von ihren Aktivitäten im Atelier zurück, um sich auf ihre große Ausstellung zusammen mit Stockhausen im Stedelijk Museum in Amsterdam im Juni 62 vorzubereiten. Die Planung dieser Ausstellung ist anschaulich im Skizzenbuch der 60er Jahre nachvollziehbar. Als Mary einen Brief von George Maciunas erhielt, in dem er sie fragte, ob das erste Fluxus-Festival in ihrem Atelier stattfinden könnte, war sie schon im Aufbruch nach New York, und so fand Fluxus seinen Anfang in Wiesbaden.
Mary Bauermeister hatte in New York großen Erfolg, und ihre Arbeiten sind in vielen Museen und Sammlungen in den USA, Europa und Deutschland vertreten. Sie hatte zahlreiche Einzelausstellungen in Museen und Galerien und war an wichtigen Gruppenausstellungen weltweit beteiligt. Im Herbst 2010 wird das Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen ihr eine retrospektive Ausstellung widmen.
Am 20. September von 15-19:30 Uhr findet die Premiere des 2-D-Animationsfilmes „psst, pp Piano - Hommage à Mary Bauermeister“ von Gregor Zootzky im Filmforum des Museum Ludwig Köln mit einem musikalischen Begleitprogramm zu Ehren der Künstlerin statt. Der Eintritt ist frei.
Horst Haack
Chronographie Terrestre (Work in Progress)
Galerie Schüppenhauer, Köln
27. Mai bis 14. August 2009
Horst Haack, geboren 1940 in Neubrandenburg, studierte Malerei an der Hochschule für Bildende Künste, Berlin, danach bereiste er arabische Länder, Ägypten, Ostafrika, Mexiko und die USA. 1967 lässt er sich für 12 Jahre auf Ibiza nieder, 1979 geht er nach Paris. 1981 beginnt er mit der „Chronographie Terrestre (Work in Progress)“, die ungeplant zu seinem Lebenswerk werden sollte und die bis heute fortgeschrieben, -gezeichnet, -gemalt wird. Seit 1985 lebt und arbeitet er in Paris und Darmstadt. Seit 1969 stellt er in zahlreichen Museen und Galerien im In- und Ausland aus. 2001 erhielt er den Wilhelm-Loth-Preis der Stadt Darmstadt.
Neben seinem Hauptwerk „Chronographie Terrestre (work in Progress)“, das seit 1981 täglich mit dem aktuellen Weltgeschehen fortgeschrieben wird, arbeitet Horst Haack auch an verschiedenen literarischen oder politischen Themen. So entstand die „Apokalypse“ nach der Offenbarung des Johannes, die in der Ausstellung von Harald Szeeman „Weltuntergang & Prinzip Hoffnung“ im Jahr 2000 im Kunsthaus Zürich gezeigt wurde. 2000-02 schuf er die Zyklen „The Waste Land“ nach T.S. Elliot und „Nachricht aus dem toten Trakt“, bei dem der Künstler sich mit den Briefen von Ulrike Meinhof befasst, die sie im Hochsicherheitstrakt in Stammheim geschrieben hat. Parallel dazu entstehen Künstlerbücher.
Die Arbeitstechnik von Horst Haack ist eine Collage aus Gesehenem, Gelesenem und Gedachtem.
Ähnlich wie die Künstler Daniel Spoerri oder Ben Vautier ist das Werk von Horst Haack von einer Sammelleidenschaft getrieben. Wo Spoerri oder Vautier reale Gegenstände des täglichen Lebens von der Straße oder aus den Trödelläden der Welt aufsammeln, um sie in ihren Werken zu verarbeiten und so einer Metamorphose zu unterziehen, sammelt Horst Haack tägliche Ereignisse aus den internationalen Printmedien. Dieses gedruckte Rohmaterial bearbeitet er mittels Kopierer, Säure, Malstiften, Farben, collagiert es und schreibt dann seine ganz persönlichen Reflektionen und Fiktionen des Zeitgeschehens in mehreren Sprachen und unregelmäßigem Wechsel auf das Papier. So schreibt Horst Haack seine Chronographie der aktuellen Ereignisse in der Welt als Collage aus der Sicht des Künstlers ständig fort, in der Text und Bild eine Einheit bilden und dabei absolut gleichwertig sind. „J´écris donc je suis“.
Daniel Spoerri
pesce d’aprile
Galerie Schüppenhauer, Köln
4. April bis 23. Mai 2009
Daniel Spoerri liebt Kuriositäten und ist Meister darin, diese mit Glück und Spürsinn aufzufinden. Der Ursprung für diese Vorliebe wurde 1979 in Köln gelegt, wo Daniel Spoerri an der ehemaligen Kunsthochschule unterrichtete. Mit Professoren, Studierenden und Kustoden verschiedener Museen arbeitete Spoerri damals an dem Entwurf eines „Musée sentimental de Cologne“ für den Kölnischen Kunstverein. Auf der Suche nach antiquarischem Material aus der Stadtgeschichte stieß Spoerri auf ein Buch aus dem Jahr 1771 „Die gottesdienstlichen Alterthümer der Obotriten aus dem Tempel zu Rethra am Tollenz-See“, illustriert mit vielen Kupferstichen von skurrilen Götzen. In der Hoffnung die Obotriten könnten evtl. etwas mit der Stadtgeschichte von Köln zu tun haben erstand er das Buch. Keiner der Kölner Museums-Kustoden konnte jedoch etwas über den beschriebenen altslawischen Stamm in Erfahrung bringen. Da der Tollenz-See bei Neubrandenburg in der DDR lag und in damaliger Zeit unerreichbar war, legte Spoerri das Buch in seine Bibliothek und vergaß die Obotriten aus Rethra bis es ihm 2004 wieder in die Hände fiel. Er begann erneut mit seinen Nachforschungen in dem jetzt erreichbaren Mecklenburg.
Nach langem Suchen, Reisen und Durchfragen in Ost-Mecklenburg fand Daniel Spoerri schließlich die Objekte seiner Begierde, die „Prillwitzer Idole“, wie sie später nach dem angeblichen Fundort Prillwitz benannt wurden, im Mecklenburgischen Volkskundemuseum in Mueß, südlich von Schwerin. Die Überraschung war groß: Die Götzen waren winzige, unscheinbare rohe Figurchen, die eher in den Bereich der „art brut“ anzusiedeln waren. Die öfter geäußerten Vermutungen, dass etwas an der Geschichte nicht stimmen konnte, stellten sich dann auch noch als richtig heraus. Die ganze Kulturgeschichte der „obotritische Alterthümer“, über die Historiker vieler Generationen forschten, war eine reine Erfindung der Brüder Sponholz. Die Goldschmiede haben sowohl die Geschichte des Volksstammes als auch deren Götzen frei erfunden. Nachzulesen im Katalog zur Ausstellung Daniel Spoerri, „Prillwitzer Idole, Kunst nach Kunst nach Kunst“, herausgegeben vom Staatlichen Museum Schwerin.
In unserer Ausstellung „pesce d’aprile“ zeigen wir u.a. Assemblagen, sowie große und kleine Skulpturen aus der Serie der „Prillwitzer Idole“.
Cristina Barroso
terras novas
Galerie Schüppenhauer, Köln
30. Januar bis 21. März 2009
Die stetige Veränderung der Welt im Zuge politischer Ereignisse hat zur Folge, dass Landesgrenzen neu vermessen und Ländernamen durch andere ersetzt werden. Auch die Natur verändert aufgrund innerer und äußerer Eingriffe immer schneller ihr Gesicht: Neue Mega-Polis wachsen in Wüsten, Urwälder werden Savannen, Ackerland wird Wüste, das Eis der Pole ver-ringert sich rapide. Die Kartografie der Erdteile und Länder verliert immer schneller ihre aktuelle Gültigkeit, so dass die Realität der Aufzeichnung mehr und mehr zu einer Momentaufnahme eines Zustandes wird.
Mit dem Titel ihrer aktuellen Einzelausstellung „terras novas“ bleibt Cristina Barroso einerseits ihrer werkimmanenten Auseinandersetzung mit der Kartografie der Erde und des Himmels treu, andererseits jedoch folgt sie dem Wunsch, im Bezug auf diese stetige Veränderung eine neue, imaginäre Welt mit künst-lerischen Mitteln zu erschaffen, die Raum für neues Denken öffnet.
Verwendete sie in früheren Werken als Malgrund unbrauchbar gewordene Schullandkarten vom Sperrmüll oder konkrete Land- und Städtekarten aus den Vermessungs-ämtern, so sind es bei den aktuellen Arbeiten erfundene Landschaften einer imaginären Welt. Raum und Zeit sind in diesen neuen Welten aufgehoben oder existieren in scheinbar logischen Zahlenreihen nur noch als historischer Faktor. Ihre neuen Werke sind für sie „landscapes of soul“, in denen alles möglich wird, wenn man sich einlässt diese (Denk-)Räume zu betreten.
Cristina Barroso wurde 1958 in Sao Paolo geboren, studierte Philosophie und Malerei in Cabondale und San Francisco/USA. Sie lebte und arbeitete in Mailand, Sao Paulo, München, Berlin. Heute hat sie Wohnsitze und Ateliers in Stuttgart und Sao Paulo. Seit 1984 hatte sie zahlreiche Einzel- und Gruppen-ausstellungen in Museen und Galerien u.a. 1988 Galleria Circulo Bertold Brecht, Milan; 1990 Museu de Arte de Sao Paulo; 1991 XXI. Bienal interna-cional de Sao Paulo; 1993 Kunsthalle Göppingen; 1994 Dortmunder Kunstverein; 1996 (1999 + 2005) Galerie Schüppenhauer Köln; Museu de Arte Moderna, Rio de Janeiro; 1997 Staatsgalerie Stuttgart; Ernst Museum, Budapest; Museu de Arte Contemporanea, Chile; 2000 Museu de Arte Ribeirao Preto; 2001 IfA Galerie Stuttgart; 2003 Paco das Artes Sao Paulo; Württemberischer Kunstverein, Stuttgart; 2008 Sunderam gallery, NY; Checkpoint Ilgen, Berlin; SWR Galerie Stuttgart. Sie erhielt Stipendien u.a.von: Helmut Bauman, Göppingen; Aktionsforum Praterinsel, München; The Jerusalem Center of the Arts, Jerusalem; Villa Valberta, Feldafing.